Geschichten aus einem Musikerleben

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Traumberuf Musiker!? An die Version mit dem Ausrufezeichen glauben wir Hobbymusiker gerne einmal, wenn wir mit Noten und Instrument kämpfen. Einfach alles spielen können, umworben und bejubelt werden, auf tolle Konzertreisen gehen, ehrwürdige Auftrittsorte musikalisch verzaubern und bei bedeutsamen Veranstaltungen alle Annehmlichkeiten bis hin zu noblen Speisen und Getränken genießen – das scheint den Traumberuf auszumachen. Dass aber in Wahrheit eher das Fragezeichen gilt, zeigt Jan Reinelt in seinem Buch „Die goldene Klarinette“. Er nimmt die Leser mit hinter die Kulissen des Berufsmusiker-Daseins und zeigt die ungeschminkte Wahrheit.

Reinelt stellt sich offiziell als Musiker und Arrangeur aus Würzburg vor. Im Buch berichtet er vor allem von kuriosen Erlebnissen bei diversen „Muggen“ , die ihm mit seinem E-Piano in verschiedenen Bands untergekommen sind. Als Definition für diesen Begriff gibt Reinelt für Nicht-Insider „Musikalisches Gelegenheitsgeschäft“ oder „Musik gegen Geld“ an. Das Ganze spielt sich bei privaten Feierlichkeiten ab, die von wichtigen Geburtstagen über Hochzeiten bis zu Beerdigungen reichen können.

goldene KlarinetteIn einige schöne Lokalitäten sind Jan Reinelt und seine Musikerkollegen zwecks Feierlichkeit zwar hineingekommen, aber das war dann oft auch schon alles. An üppigen Buffets durften sich nur die geladenen Gäste laben, während die Musiker – obwohl bestellt – als fast störendes Beiwerk in die hinterste Ecke geschoben wurden. Und selbst dort wurden sie oft genug noch als zu laut empfunden und wegen aller möglichen Dinge kritisisert. Meistens war das jedoch eher Beweis für musikalisches Nicht-Wissen, aus dem Reinelt im Laufe der Zeit einige Gesetzmäßigkeiten ableiten konnte. So gilt bei vielen Nicht-Musikern nur Rock ’n Roll als fetzig und alles andere als öde. Andererseits werden langsame Stücke als angemehm und leise empfunden, schnelle Stücke aber automatisch als nervig und laut. Damit müssen sich die Mugger abfinden und haben im Gegenzug viele Geschichten über peinliche bis misslungene Festeinlagen auf Lager.

Zu diesem Frust der mangelnden Anerkennung gesellen sich auch noch die oft ungesehenen Widrigkeiten des Auf- und Abbaus von Instrumenten und Anlage. Hitze oder Kälte, enge Treppen oder fehlende Parkmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe des Auftrittsortes machen den Muggern das Leben zusätzlich schwer. Aber da müssen sie durch, und flexibel müssen sie auch sein. Was tun, wenn der Kollege nicht kapiert hat, dass er als Schlagzeuger und Sänger engagiert ist, aber kein Schlagzeug dabei hat? Was tun, wenn sich knapp vor Gottesdienstbeginn herausstellt, dass sich der Organist den Arm gebrochen hat oder unfähig ist, ein gewünschtes Stück zu spielen? Als Belohnung für’s gekommte Improvisieren gibt es manchmal erstaunliche Erkenntnisse: dass die Band ohne Schlagzeug supergut angekommen ist oder der Organist trotz Gipsarm perfekt gespielt hat.

Locker und cool muss man als Mugger wohl sein – oder ist Jan Reinelt auf jeden Fall. Und ebenso locker hat er seine Erlebnisse auch aufgeschrieben: umgangssprachlich, pointiert, leicht lesbar und mit einigen O-Tönen der fränkischen Mundart. Beim Lesen kann man immer wieder schmunzeln – oft über die anderen, aber auch über Reinelt selber. Er nimmt nichts zu ernst, betitelt die Posaune, die er selber studiert, als ein „einem Handtuchhalter gleichendes Metallkonstrukt“. Er geht auch nicht zum Musikunterricht, sondern ins „Bergwerk“ und hat aus diesem Bereich eine kuriose Episode mit einem alten Ölofen im Angebot.

Und wie ist das mit den tollen Konzertreisen? Für die Muggen geht da nichts, denn sie finden in der näheren Umgebung statt. Der wohl außergewöhnlichste Ort war dabei ein Gefängnis. Aber mit Florian Silbereisen und dem MDR ist Reinelt durch die ganze Republik getourt! Berühmt ist er auch damit nicht geworden, aber die Erlebnisse füllen einige Seiten des Buchs und haben ihm auch einige ausgefallene Ortsschilder, z.B. Hirnschnell oder Netzkater vor die Linse gebracht.

Fazit

Über 20 Geschichten, einige Gedichte und mehrere Bilder füllen im Taschenbuch 200 Seiten. Das Buch passt gut in den Instrumentenkoffer als Lektüre für zwischendurch, zum Vergnügen, zum Zeitvertreib, zum Erkennen von Gemeinsamkeiten für andere Mugger. Es ist sicher auch ein gutes Geschenk für Musiker und Musikfreunde, sei es zum bevorstehenden Weihnachtsfest, zum runden Jubiläum oder Ausstand als Alternative zum Was-sollen-wir-sonst-schenken-Fresskorb. Und wenn Nicht-Musiker, also die potenziellen Kunden von Reinelt & Co., ein paar Episoden lesen und daraus schlaue Lehren für ihr nächstes Engagement von Muggern ziehen, haben die Musiker sicher nichts dagegen.

Was ist eigentlich die Goldene Klarinette? Und warum ist sie auf dem Buchcover verknotet? Das bleibt hier ein Geheimnis – aber die Lösung finden Sie im Buch.

Hier die drei verschiedenen Bezugsmöglichkeiten: