Buchtipp: „Jung im Kopf“ – erst lesen, dann trainieren


Martin Korte, Professor für Neurobiologie, hat unter dem Titel „Jung im Kopf“ ein dickes, höchst interessantes Buch geschrieben. Der Untertitel „Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden“ hält voll und ganz, was er verspricht. Korte richtet sich damit aber keineswegs nur an Senioren, sondern ebenso an junge Erwachsene, damit diese ihren Lebensstil früh auf „Jung im Kopf“ einrichten können.

Ja, es gibt sie, die Unterschiede zwischen einem jüngeren und einem älteren Gehirn. Dass letzteres immer schlechter abschneidet, ist glücklicherweise nicht der Fall. Das ältere Gehirn arbeitet langsamer und lässt sich leichter ablenken. Aber es punktet gegenüber der Jugend mit mehr Erfahrungen und Erinnerungen und schneidet besser ab, wenn es um Sprachen, räumliches Denken und Schlussfolgerungen geht. Auch die emotionale Intelligenz steigt mit der Lebenserfahrung.

Korte schildert im Detail, welche Änderungen mit dem Alter im Körper stattfinden. Er kann aber auch mit ermutigenden Beispielen dienen, die zeigen, dass es aus biologischer Sicht durchaus möglich ist, mit 98 Doktor der Germanistik oder mit 91 Ruder-Weltmeister zu werden.

korteWer als Jungspund das Alter noch weit von sich weist, sollte aber wissen, dass das Arbeitsgedächtnis mit 25 seine größte Kapazität aufweist und danach den Abwärtsgang einlegt. Wie schnell das passiert, kann jeder aber recht gut beeinflussen. Korte gibt viele detaillierte Tipps für die körperliche und geistige Fitness, die eng miteinander verknüpft sind. Denn was für das Herz gut ist, ist auch für das Gehirn gut!

Er beschreibt das Gehirn auch treffend als das Organ, das sich nicht abnutzt, sondern vielmehr durch hohe Beanspruchung besser wird. Geistig aktive Menschen können sehr lange Unglaubliches leisten, so Korte. Der inzwischen schon von vielen Experten bekannt gemachte Begriff „Neuroplastizität“ besagt, dass sich jederzeit neue Neuronen im Gehirn bilden sowie neue Verschaltungen eingehen können. Die Voraussetzung dafür ist allerdings, dass man „in seinen Gehirnfonds investiert“ und damit so früh wie möglich beginnt – spätestens wenn zum 50er gratuliert wird.

Prävention ist also angesagt und, so Korte, auch notwendig, wenn die Gesundheitssysteme bezahlbar bleiben sollen. Hier steht Bewegung an erster Stelle, die mit Spaß und ohne Überforderung 3-4 Mal pro Woche absolviert werden sollte. Gehirn, Muskeln und Kreislauf werden davon profitieren, und gute Stimmung gibt’s als Nebeneffekt dazu. Um stolze 70% kann man sein Alzheimer-Risiko senken, wenn man schon vor dem 50. Geburtstag regelmäßig Sport treibt.

Auch mit der Ernährung lässt sich einiges für die grauen Zellen zum Guten richten. Obst, Gemüse und Vollkornprodukte sind dabei ebenso wichtig wie ausreichend Flüssigkeit in Form von Wasser, Tee oder Saft. Und was hält Korte von Gehirnjogging? Vom eintönigen Lösen von Sudokos oder Kreuzworträtseln sind keine Effekte zu erwarten. Viel besser sind lebenslanges Lernen und abwechslungsreiches Training, das viele Gehirnareale anspricht. Auch Musizieren und künstlerische Tätigkeiten sind gut für das Gehirn.

Bei allem Training sollen Neugierde und Lust immer mit dabei sein. Dann kann man auch an sich glauben und sich etwas zutrauen. Stress ist in jedem Alter der Feind eines leistungsfähigen Gehirns, da er nicht nur das Wachstum verhindert, sondern auch für Schäden sorgen kann. Also lieber mal entspannen oder meditieren, um geistig fit zu bleiben.

An Wundermittel aus der Pillendose glaubt Korte nicht. Ärztlich verordnete Medikamente für Demenzkranke sind davon natürlich ausgenommen. Dieser und anderen Erkrankungen des Gehirns hat der Autor ein eigenes Kapitel gewidment, in dem er vor allem aufzeigt, was trotzdem noch alles möglich ist.

Soweit ein paar Impulse aus dem Buch, die Lust auf’s Lesen machen sollen. Es lohnt sich sicher.

Buchdaten:
Martin Korte
Jung im Kopf
Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden
Pantheon Verlag
ISBN 978-3-570-55242-1