Wenn der Pfarrer in seiner Predigt Mentaltraining bietet

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Letzten Sonntag war ich mal wieder in der Kirche. Unsere Pfarrerin wurde von einem Urlauberseelsorger vertreten, dessen Predigt mich sofort in den Bann gezogen hat. Das ist ja wie Mentaltraining, war mein spontaner Gedanke, als der Begriff „Resilienz“ fiel. Drei Kernaussagen aus der Predigt haben mich nun schon die ganze Woche begleitet. Damit haben sie einen Blogbeitrag verdient, meine ich.

Ausgangspunkt für Pfarrer Bröckelmann aus Bochum war Wilhelm Busch. Damit meinte er nicht den Autor von Max & Moritz, sondern den gleichnamigen Pfarrer aus Essen, der besonders in der Zeit des 2. Weltkriegs viel Unschönes erlebte. Busch hatte sich einmal mehr im Spaß von seiner Frau 6 Söhne gewünscht, die alle Trompete lernen sollten. Was gäbe das für ein tolles Bild unter dem Weihnachtsbaum, erklärte er diesen Wunsch. In der Tat schenkte im seine Frau viele Kinder, und zu den 4 Töchtern kamen schließlich auch noch 2 Söhne. Einer von ihnen verstarb unerwartet nach wenigen Wochen, und der andere Sohn, der tatsächlich musikalisch war, kam nicht mehr aus dem Krieg heim.
„Da komme ich nicht drüber weg“, dachte sich Busch, so wie es sich sicher viele andere Menschen bei Schicksalsschlägen, aber auch bei zwischenmenschlichen Kränkungen und Enttäuschungen denken.

„Wenn du nicht drüber weg kommst, musst du drunter bleiben“, so die Schlußfolgerung von Busch und aus der Predigt. Dieses „drunter bleiben“ rief in mir sofort ein lebhaftes Bild hervor. Etwas – nehme wir eine massive Kränkung als Beispiel – schwebt ständig über mir und lässt mich nicht mehr los. Es hindert mich daran, weiter zu kommen und neue Dinge in Angriff zu nehmen. Will ich das wirklich? Ist es das wert?

Natürlich kommt man über manche Ereignisse nicht sofort weg. Aber drei Zutaten helfen, so Pfarrer Bröckelmann in seiner Predigt weiter. Es sind „Geduld, Hoffnung und die Liebe Gottes im Herzen“. Diese Worte haben bei mir innerlich regelrecht etwas aufgebrochen, die Gesichtszüge haben sich immer mehr entspannt, und die Mundwinkel sind nach oben gewandert.

Genau das also ist Resilienz. Dieser Begriff stammt ursprünglich aus der Materialwirtschaft und beschreibt die Fähigkeit eines Materials, nach einer Verformung seine ursprüngliche Form wieder anzunehmen. Ob man in einer bestimmten Situation Resilienz zeigt oder nicht, hat man selbst in der Hand. Warum? Die Predigt brachte es wunderschön auf den Punkt: „Die Seele nimmt die Farbe der Gedanken an.“

Dieser Satz hat mich nachhaltig beschäftigt. Pessimistische Gedanken sind trüb, grau oder gar schwarz. Und das ergibt dann eine schwarze Seele? Will ich das wirklich? Nein, meine Seele soll bunt sein! Und ich greife in den Farbkasten!

pinsel

Bei einer morgendlichen Loipenrunde habe ich mir gute Farben für meine Gedanken ausgesucht. Der Schnee legte zunächst weiß nahe. Weiße Gedanken sind neutral und verjagen alles dunkle, dachte ich mir. Anschließend habe ich mir die morgendlichen Sonnenstrahlen zum Vorbild genommen. Ja, hell sollen meine Gedanken sein, damit auch die Seele leuchten kann. Später habe ich meine Gedanken noch mit dem Blau des Himmels eingefärbt. Das war eine gute Mischung für diesen Tag. An einem anderen Tag können es ganz andere Farben sein. Jeder hat die Wahl, denn auf die Gedanken hat nur jeder selber Einfluss. Das ist eine grundlegende Erkenntnis im Mentaltraining.

Mit solchen tollen Impulsen für das tägliche Leben hat Pfarrer Bröckelmann seinem Beinamen als „Urlauberseelsorger“ alle Ehre gemacht, indem er wirklich für die Seele gesorgt hat.