Nawareum Straubing – die Zukunft erleben

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Am 3. März 23 hat das NAWAREUM in Straubing seine Pforten geöffnet. Von außen fallen die Holzfassade, die riesigen Pfosten aus Baumstämmen und das begrünte Dach mit Solarmodulen auf. Das ist kein Zufall, denn im Inneren dreht sich alles um nachhaltige Ressourcen, den Klimawandel und mögliche und dringend notwendige Maßnahmen, mit denen er zumindest noch gebremst werden kann.

Im ersten Raum sehen die Besucher auf drei Wänden beeindruckende Naturimpressionen aus grünen Wäldern, von tosenden Wassern und faszinierenden Tieren. Auf diese Verzauberung folgt der Mensch, der die Natur nutzt und immer mehr zerstört, bis sie sich mit Naturkatastrophen rächt. Der Bilderbogen endet mit Aktionen von Klimaaktivisten. Nachdenklich geht es weiter zur nächsten Station, an der die Besucher einen Blick in den Technikraum werfen können. Energie wird hier umweltschonend erzeugt, denn das Haus, in dem Auswege aus der Zerstörung der Erde gezeigt werden, darf ja nicht selber zur Zerstörung beitragen.

Vom Urknall zu den fossilen Brennstoffen

Dre Urknall liegt 13,8 Mrd Jahre zurück. Etwas später kam entstand die Sonne, die mit Sauerstoff das Leben von Pflanzen und Tieren möglich machte. Sie sind nach Ablauf ihrer Lebenszeit verrottet, kamen unter Sauerstoffabschluss unter die Erde und dort unter starken Druck. Im Laufe der Erdgeschichte ist so aus Pflanzen Kohle und aus Lebewesen Erdöl und Erdgas entstanden, das der Mensch seit der Industrialisierung nutzt.

Kohlenstoff: Freund und Feind

Kohlenstoff begegnet uns ständig und überall, auch in unserem Körper. Wir finden ihn in Kohlensäure, in Kohletabletten, in Schmieröl oder in Form von Karbon in leichten Sportgeräten oder modernen Prothesen. Auch in Form eines Diamants stellen wir Kohlenstoff gerne zur Schau. Verbindet sich Kohlenstoff allerdings mit Sauerstoff zu CO2 gilt er als schädliches Treibhausgas. Wir brauchen also neue Formen, um die in immer größeren Mengen benötigte Energie sauber zu erzeugen. Wie Pflanzen, Sonne, Wasser und Wind dafür eingesetzt werden können, erfahren die Besucher im weiteren Verlauf ihres Rundgangs an vielen praktischen Mitmachstationen.

Pflanzen – Grundlagen des Lebens

Wir benötigen Pflanzen als Nahrungsquelle, in der Medizin, als Rohstoffe für Bekleidung, in der Industrie und für die Energiegewinnung. Wenn wir sie nutzen möchten, müssen wir sie aber auch schützen. Und das geht am besten, wenn wir sie gut kennen und schätzen. Das geht im Nawareum in der begehbaren Pflanzenzelle, die zeigt, was Ribosomen, Chloroplasten, Mitochondrien und viele mehr in der Zelle alles leisten.

Wenn man dieses Wunderwerk verlassen hat, kann man in die Symbolik ausgewählter Pflanzen eintauchen. Eine große Wand zeigt unterschiedliche Heil-, Gewürz-, Färber- und Futterpflanzen in getrockneter Form. Die Erklärungen dazu gibt es im Herbarium auf 2 Tablets.

Restaurant Erde

In diesem Bereich dreht sich alles ums Essen. Eine große Torte zeigt die Flächenverteilung in Deutschland auf Landwirtschaft (50,6%), Siedlung und Verkehr (14,5%), Wald (29,8%), Wasser (2,3%) und sonstiges (2,8%). Große gefüllte Flaschen stellen an einer Wand den Trinkwasserverbrauch zur Produktion von Bier, Milch, Schweinefleisch oder Kaffeebohnen anschaulich dar.

An interaktiven Station erfahren die Besucher, dass ein Schinken schon dann als Schwarzwälder Schinken bezeichnet werden darf, wenn er nur im Schwarzwal geräuchert und gepökelt wurde. Staunen wird auch bei der Gegenüberstellung von 6,4 kg Futter aus Getreide und Soja aufkommen, die zur Erzeugung von nur 1 kg Schweinefleisch nötig sind.

Convenience Food und die planetarische Ernährung, die den Planeten retten kann, sind ebenfalls Themen der Exponate. Die Besucher können schließlich ihr Wissen zum Lebensmitteleinkauf mit drehbaren Klötzen testen, die ein einheitliches Bild ergeben, wenn die passenden Antworten gewählt wurden.

Nachwachsende Rohstoffe

In diesem Bereich geht es zunächst um Ersatzstoffe für Erdöl, das natürlich für Benzin, aber auch für Textilien, Kosmetika und Plastik verwendet wird. Fahrradreifen aus Löwenzahn-Kautschuk, Dübel aus Rizinusöl, ein Rucksack aus Ananasfasern, eine Hose aus Hanf und Spielsteine aus Maisstärke sind hier unter anderem zu sehen. Auch Holz gehört zu diesen Ersatzstoffen, das so stabil ist, dass es für Fahrradrahmen und Hochhäuser verwendbar ist. Ein Holzhaus brennt auch nicht schneller ab, denn die Hitze der Flammen verkohlt das Holz von außen und bildet eine Kohleschicht, die verhindert, dass Sauerstoff ins Innere des Holzes gelangt.

Unter dem Titel Kreislaufwirtschaft wird gezeigt, wie Zeitungspapier, Fruchtabfälle oder Algen zu festen Materialien verarbeitet werden können. Auch eine wiederverwertbare Postverpackung ist zu sehen.

Forscher lernen viel von der Natur und haben beispielsweise den neuroregenerativen Effekt des Hopfens erkannt, nutzen den Klebstoff, mit dem sich Miesmuscheln an Steinen anhaften, zur Heilung von Knochenbrüchen und Wunden und die Netze der Goldenen Radnetzspinnen, um unterbrochene Nervenfasern besser nachwachsen zu lassen. Wenn der Mensch allerdings die Biodiversität zerstört, kann er solche Vorbilder aus der Natur nicht mehr nutzen.

Zerstörung der Erde

Sie ist traurige Tatsache, und irreversibel, wenn wir Kipp-Punkte überschreiten. Vom Plastik-Müllstrudel über die abnehmende biologische Vielfalt, tödliche Hitzezonen, übermäßige Bodendüngung, rücksichtlosem Abbau von Metallen bis zu vergiftetem Grundwasser reicht die Liste der Schäden, die die Menschen der Erde schon zugefügt haben. Alle kritischen Punkte lassen sich auf einer großen Weltkarte – mit Schaudern – studieren. Spätestens hier sollten alle verstanden haben, dass wir nicht so weiter machen können wie bisher. Wie das gehen kann, erfahren die Nawareum-Besucher anschließend.

Nachhaltigkeit seit 1713

Dabei wurde Nachhaltigkeit schon 1713 thematisiert, als Carl von Carlowitz gefordert hat, nur so viel Holz zu schlagen, wie nachwachsen kann. Holz ist aber nur ein Energielieferant aus dem Bereich der Biomasse. Andere Pflanzenteile, Mist, Biomüll, Sonnenblumenspelzen oder Getreidestroh eignen sich ebenfalls als Brennstoffe. Dazu müssen neue Verkehrskonzepte kommen.

Im letzten großen Bereich des Nawareum lernen die Besucher alternative Energiequellen mit vielen interaktiven Exponaten kennen. Es beginnt im Silo einer Biogasanlage, in der Bakterien für die Milchsäuregärung sorgen und die Erzeugung von Biogas möglich machen. Weiter geht es mit der Wasserkraft, die schon 500 v. Christus erstmals genutzt wurde. Mit der Erfindung der Turbinen ab 1828 wurde alles noch viel effizienter. Es folgt ein Modell der Wärmepumpe, die heute in aller Munde ist.

Erdwärme klingt gut, denn im Inneren der Erde herrschen Temperaturen weit über 1.000°C. Sie kann aber nicht überall, sondern nur an geologisch geeigneten Stellen eingesetzt werden und wird dadurch wohl immer ein Nischenprodukt bleiben.

Windmühlen gab es ebenfalls schon ab 500 v. Christus. Die heutigen Windturbinen weisen aber ganz andere Dimensionen auf. Sie sind über 200 m hoch, haben über 100 m lange Rotorblätter und können 20.000 Häuser ein Jahr lang mit Strom versorgen. Die Geräuschentwicklung ist moderat und beträgt in 400 m Entfernung nur 45 dB.

Auch wenn 55-60% der Sonnenstrahlung durch Reflexion und Absorption verloren geht, bietet die Solarenergie viele Möglichkeiten. Die Solarthermie wandelt die Sonnenwärme mit Hilfe von Parabolspiegeln in Strom um.

Good buy

Hier kann jeder sofort nach seinem Besuch im Nawareum aktiv werden. Denn es geht beim Einkaufen und im Alltag um die Schlagwörter reduce – reuse – recycle. Weniger konsumieren, weniger wegwerfen, Gebrauchsgegenstände länger benutzern, mehr reparieren oder alternativ nutzen, das kann jeder in seinem eigenen Umfeld angehen. Wenn möglich, können Recycling-Produkte bevorzugt und Produkte gekauft werden, die sich für ein Recycling eignen.

Fazit

Es ist schön, dass Einrichtungen wie das Nawarum aufzeigen, dass ein Wandel dringend nötig ist und dass es viele gute Möglichkeiten zur Ausgestaltung gibt. Es bleibt zu hoffen, das viele Menschen in den nächsten Wochen und Monaten den Weg nach Straubing finden und danach auch tatsächlich mit konkreten Änderungen beginnen, um die Zerstörung der Erde zu bremsen.

Alle Informationen für Besucher gibt es auf der Website des Nawareum. Nehmen Sie auf jeden Fall Zeit mit, denn wenn Sie wirklich alle Exponate ausprobieren und studieren möchten, vergehen leicht bis zu 3 Stunden.