Förster/Kreuz plädieren für Nein und für Querdenken

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Nein, dieses kurze Wort haben Anja Förster und Peter Kreuz als Titel ihres neuen Buchs gewählt, in dem sie auf 245 schwarz-roten Seiten darlegen, „Was vier mutige Buchstaben im Leben bewirken können“.
Nein: dieses Wort, dass den meisten so schwer über die Lippen kommt, selbst wenn es im Kopf klar manifestiert ist und das kaum jemand gerne hört. Wer es aber überlegt und mit Selbstverantwortung ausspricht, fühlt sich erleichtert und hat Platz für ein Ja zu anderen Dingen geschaffen.

Unendlich viele Wahlmöglichkeiten haben wir heute. Aber geht es uns damit besser als Marie Curie, die hart um Studienplatz und Nobelpreis kämpfen musste? Nein, denn sie führen zu komplexen Entscheidungssituationen, auf die uns die Schule nicht nur nicht vorbereitet, sondern mit Schema F wie Fremdbestimmung genau das Gegenteil bewirkt. Aus Angst vor einer Fehlentscheidung sind leichte Anleitung oder Checklisten sehr gefragt, die aber Förster/Kreuz zufolge höchstens für „Intelligenzallergiker“ ausreichen.

Schlechte Alternativen sind,

  • gar nicht zu entscheiden, sondern das anderen zu überlassen und ihnen anschließend auch die Verantwortung dafür zu geben,
  • seinen Routinen treu zu bleiben
  • Best Practice-Vorlagen zu folgen und Sicherheit gegen Freiheit einzutauschen
  • oder laufend Spaß und Action zu suchen, während man sich alle Türen offen lässt.

Wer so handelt, passt zwar gut ins System, übersieht aber, dass die Grundannahme, durch Abhängigkeit Sicherheit erreichen zu können, falsch ist. Denn Jobs sind längst nicht mehr sicher, nicht mal mit einer guten Ausbildung.

nein-coverSelbstbestimmung und Eigenverantwortung sind angesagt, so Förster/Kreuz. Zum neuen Denken abseits des vorgezeichneten Wegs gehört das Nein, um Grenzen zu ziehen und klarzustellen, wovon man weg kommen möchte. Dass es nicht leicht ist, dieses Wort auszusprechen, gestehen die Autoren ein, da meist eine Beziehung auf dem Spiel steht.

  • Wer Nein denkt, aber Ja sagt, opfert seine Interessen für einen allenfalls brüchigen Frieden.
  • Direkt auf Konfliktkurs begeben sich diejenigen, die ihr Nein mit Macht durchsetzen.
  • Auch die dritte Option ist nicht empfehlenswert, denn wer weder ja noch nein sagt, opfert seine Selbstachtung.

Ja, Freiheit ist anstrengend und nicht sicher. Das geben Förster/Kreuz zu, sehen aber keine andere Möglichkeit, als regelmäßig über sein Leben und Tun nachzudenken und klar Ja und Nein zu sagen, auch wenn die Systemkonformen noch immer überwiegend als die Besten gelten, Karriere machen und aus der „Herde“ Bestätigung und Zuspruch erfahren. Die Mehrheit meint, Recht zu haben, belohnt Mitläufer, bestraft Einzelgänger und stößt Andersdenkende aus, was bei letzteren natürlich Schmerzen auslöst.

Förster/Kreuz sind aber davon überzeugt, dass diejenigen, die zukünftig im Wettbewerb erfolgreich sein möchten, eigenständig Denken können und Selbstverantwortung übernehmen müssen. Wichtige Zutaten sind ferner Disziplin, Ordnung und Mut. Aufkommende Zweifel zeigen an, dass man sich im Wachstumsbereich befindet, in dem die alten Erfahrungen keine Hilfe mehr sind.

Innovationen brauchen den Zündfunken unterschiedlicher Ideen und deren Reibung, während in der Homogenität nichts Neues entstehen kann. Die Autoren ermutigen somit alle Querdenker, sich nicht von ihrem Weg abbringen zu lassen, zumal Einzel- und Gruppeninteressen sehr wohl gleichzeitig vertretbar sind.
Zur Forderung nach Rezepten oder Checklisten sagen die Autoren logischerweise auch in diesem Buch nein. In einem „Lunchpaket“ geben sie den Lesern aber zumindest 6 Punkte zum Nachdenken an die Hand. Außerdem sind wichtige Aussagen rot hervorgehoben.

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Fazit

Die „Herde“ wird zum Buch wohl eher Nein sagen, denn mit ihnen gehen Förster/Kreuz wenig zaghaft um. Mit Wortkombinationen wie „Laptop-wichtig-durch-die-Gegend-Tragenden“, „Pausenlos-das-Handy-ans-Ohr-Haltenden“ und Aussagen wie „die heilige Dreifaltigkeit aus Gewohnheit, Routine und Scheinsicherheit“ rütteln sie auf und ermutigen Querdenker, sich nicht unterkriegen zu lassen.
Auch wenn der Schreibstil zumeist locker ist, haben die Autoren ihr Thema gründlich recherchiert und liefern Erkenntnisse aus Wirtschaft, Psychologie, Philosophie und Politik der Gegenwart und Vergangenheit ebenso wie vielfältige eigene Erfahrungen aus ihren Vorträgen und Begegnungen mit Menschen in aller Welt.
Es liest sich schnell, wird aber nur dann gründlich nachwirken und zu sinnvollen Neins führen, wenn man sich die Argumentationsketten und  Kernaussagen erarbeitet, wiederholt und beherzigt – ob man sich nun an den in rot hervorgehobenen Passagen orientiert oder eigene Markierungen bevorzugt. Möge meine Zusammenfassung Lust darauf gemacht haben.

Buchdaten

Anja Förster, Peter Kreuz
Nein – Was vier mutige Buchstaben bewirken können
Pantheon Verlag
ISBN 948-3-570-55342-8