Anders sein, neue Wege gehen und begeistern


„Anders ist besser!“ Diesen Satz gab Markus Hengstschläger im Ö3-Frühstück bei mir im Jänner 2012 als sein Lebensmotto aus. Ich schließe mich dem gerne an, auch wenn es nicht immer einfach ist, gegen den Strom zu schwimmen. Aber sich mit der Mehrheit zu irren, ist keine Alternative. Das war eine Aussage seines Vortrags in Wien. Und so sammele ich seit einiger Zeit ausgefallene Ideen und gute Beispiele für gelebtes Querdenken. Hier die ersten Beispiele – zum Nachdenken, Staunen und sich Anregen lassen.

Das DB-Regio-Team begrüßt die Fahrgäste….

Wer öfter mit der (Deutschen) Bahn unterwegs ist, wird schon gar nicht mehr auf die Ansagen hören, die nach jedem Halt aus dem Lautsprecher dringen. Es ist ja doch immer das Gleiche: gelangweilt abgelesen und ohne jegliche Energie. Immer? Nein!

Ich sitze im Regionalzug  von Hamburg nach Lübeck, und schon ein einziges Wort aus dem Lautsprecher lässt aufhorchen. Welches Wort? „Moin“. Eine Begrüßung, die sicher auf keiner Vorlage der DB steht, noch dazu hörbar mit Freude und Energie übermittelt! Wow, das ist wirklich was anderes.
Die Ohren der Reisenden werden größer, die Augen heben sich langsam von Mobilgeräten und Zeitungen, und die Aufmerksamkeit konzentriert sich immer mehr auf die Durchsage. Der Zugbegleiter erzählt mit lokaler Dialektfärbung und frei, wohin der Zug fährt und wo er unterwegs halten wird. Ja, er erzählt es, er macht eine Geschichte draus. Er gibt der Information ein menschliches, persönliches Gesicht.

Es macht riesig Spaß, ihm zuzuhören, und mit jedem Wort steigt meine Begeisterung. Ich habe den Eindruck, dass kleine Smileys durch den ganzen Zug flattern und alle anstecken. Leider war es ein Doppelstockzug und ich saß am Ende der hintereinander stehenden Sitzreihen. Sonst hätte ich sicher meinem Gegenüber ein Lächeln geschenkt und wäre vielleicht auch mit ihm oder ihr in ein nettes Gespräch gekommen.

Schade auch, dass dieser Zugbegleiter nicht zur Fahrkartenkontrolle vorbeigekommen ist. Ich hätte ihm natürlich zu seiner tollen Einstellung und zu seinem Mut gratuliert. Und ich hätte ihn gerne auch gefragt, ob er „Hört auf zu Arbeiten“ von Förster/Kreuz gelesen hat. Denn er hat genau in ihrem Sinne gehandelt, hat seiner Arbeit Bedeutung verliehen und anderen einen Wert bereitet.

Solche Leute braucht (nicht nur) die Bahn! Möge es viele andere inspirieren, ihren Handlungsspielraum auch ähnlich sinnvoll zu nutzen.

Hausnummer? Nummer?

hausnummerEine Nummer ist eine Zahl. Also schreibt man Hausnummern in Form von Ziffern an die Hauswand.

Aber muss das zwangsläufig so sein?

Nein!

Diese ausgeschriebene Hausnummer habe ich in Neustadt/Hostein fotografiert.

Ja, sicher, es dauert ein wenig länger, das Wort zu lesen als die Ziffer 21 am Nachbarhaus zu erkennen. Das liegt aber sicher auch daran, dass wir es nicht gewohnt sind, größere Zahlen ausgeschrieben zu sehen. Denn sonst würden wir schon an den Umrissen des Worts erkennen, welches es ist.

Vielleicht ist auch die Schriftart mit den Schleifen beim ‚z‘ ungewohnt. Aber niemand wird das Haus verfehlen, wenn er es wirklich sucht. Wenn da kein Querdenker zu Hause ist…

Und nochmal Schilder

angereralmDie in Buchstaben geschriebene Hausnummer verwundert uns. Nicht aber Wegweiser und Werbetafeln, auf denen es oft vor Buchstaben und Zahlen nur so wimmelt. Immer? Nein!

Auch hier habe ich eine bemerkenswerte Ausnahme gefunden. Die Angerer Alm am Kitzbüheler Horn oberhalb von St. Johann in Tirol greift im Wettbewerb um die Gunst der hungrigen Wanderer nicht zum „größer, lauter, billiger“, sondern überrascht auf eine ganz andere, überaus positive Weise.

Der Forstweg, den ich bergab wandere, ist langweilig. Aber plötzlich bleibt mein Auge hängen…Lebensgroß lächelt mir da jemand entgegen, scheint nur auf mich gewartet zu haben, um mit mir und einem guten Tropfen anzustoßen. Und was die sympathische Dame alles an kulinarischen Spezialitäten im Korb gerichtet hat… Wer kann da schon Nein sagen? Ich bin mal wieder begeistert und hole den Fotoapparat aus dem Rucksack.

Dann stelle ich mir vor, wie es einem Autofahren aus dem Flachland gehen mag, der von der ungewohnten Bergfahrt schon etwas geschlaucht ist. Auch er wird sicher erfreut sein, denn „Auffahrt für die Hausgäste“ zeigt ihm, dass er auf dem richtigen Weg ist, und dass es nun wohl nicht mehr weit sein kann.

Verkaufspsychologisch liegt die Angerer Alm mit diesen Schildern goldrichtig. Während das Auge noch schaut, produziert der „Bauch“ schon das gute Gefühl und das „da muss ich hin“ oder „da bin ich richtig“. Das Bild ist stimmig, es passt einfach. Und es ist etwas wunderbar Anderes im einfallslosen Werbe-Einerlei, in dem es oft nur um den Preis geht.

Ich sammele weiter positive Beispiele und freue mich schon darauf, die nächste Sammlung vorstellen zu können. Das Wolkenkino gehört übrigens auch in diese Kategorie.