Buchtipp: Eine Burnout-Betroffene berichtet

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Lilly Schmidts Sommerwald ist abgebrannt. “Wohlgefühl, Glücklichsein und Ruhe” gibt es für sie nicht mehr. Sie ist ausgebrannt – Diagnose Burn Out. 11 Monate nach ihren endgültigen Zusammenbruch erscheint ihr Buch „Sommerwald ist abgebrannt“ mit dem verkohlten Baum und dem Untertitel “Ein Jahr im Burnout”.

sommerwaldLilly Schmidt berichtet offen und ehrlich, wie es ihr ergangen ist und was sie erlebt hat. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund und spart keinen Bereich ihres turbulenten Lebens aus.

  • Da ist der Beruf, den sie zwar mag, der sie aber auch fordert und immer mehr von ihr verlangt.
  • Da ist die kleine Tochter, der sie mehr bieten will als sie als Scheidungskind erleben durfte.
  • Da ist der Ehemann, mit dem es nicht mehr so richtig rund läuft.
  • Da ist das Wohnumfeld, in dem gewalttätige Übergriffe belasten.
  • Da sind verschiedene Freunde, mit denen die Freizeit geteilt wird. Und aus diesem Freundeskreis entsteht schließlich auch noch ein Seitensprung, der Lilly zunächst vermeintlich Kraft gibt, dann aber die Lage noch um einiges komplizierter macht.

Lilly ist krank, psychisch krank. Das anzuerkennen, fällt ihr lange Zeit nicht leicht. Ihr Ignoranzprogramm sorgt für Verdrängung, sie steigert sich in eine Sportsucht und magert ab, bis sie endgültig zusammenbricht.
Ein guter Hausarzt, eine Paartherapie und eine Mutter-Kind-Kur helfen ihr auf dem Weg zurück in einen intakten Sommerwald. Schnell geht das aber nicht. Und auch wenn sie am Ende des Buchs, also nach 11 Monaten, wieder arbeiten geht, ist noch längst nicht alles so wie vor dem Brand.

Der Erfahrungsbericht liest sich fast wie ein Roman. Die Autorin bietet aber mehr als “nur” ihre Geschichte. Sie stellt Auszüge aus Forumsbeiträgen und aus ihrem Tagebuch zur Verfügung und beschränkt sich nicht nur auf die Sicht als Burn-Out-Patientin. Sie bringt auch viel Verständnis für die Angehörigen auf, lässt ihren Mann zu Wort kommen und hinterfragt auch ihr eigenes Verhalten und dessen Wirkung auf ihre Mitmenschen. Sie beleuchtet das Thema auch aus der Sicht des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers, wobei ein Wechsel des Arbeitsplatzes für sie nie zur Diskussion stand.
Zur praktischen Selbsthilfe stellt sei eine Übung zu den eigenen Rollen vor, beschreibt die 12 Phasen des Burn-Outs, präsentiert 3 Schritte aus dem Tal der Tränen, ihre Strategie zum Abschied nehmen und ihre Heilungstreppe.

Lilly Schmidts Buch ist für jeden eine empfehlenswerte Lektüre: es macht direkt und indirekt Betroffenen Mut, es klärt (noch?) nicht Betroffene auf und sensibilisiert für das Thema, das zwar in aller Munde ist, zu dem aber sicher vielfach ausreichende Informationen fehlen.

Lilly Schmidt
Sommerwald ist abgebrannt
Ein Jahr im Burnout
Tredition Verlag
Lilly Schmidt hat auch eine eigene Website mit Blog.