
Es hat sich ja auch über die Grenzen herumgesprochen, dass der Zugverkehr in und um Mainz, immerhin Hauptstadt des deutschen Bundeslandes Rheinland-Pfalz, längere Zeit stark eingeschränkt war, weil das Stellwerk krankheits- und urlaubsbedingt zu dünn besetzt war. Da ich zu dieser Zeit selber als Bahnreisende in der Nähe war, habe ich die Anzeigen und Ansagen „Hält nicht in Mainz….“ und auch die Berichterstattung in den Medien hautnah mitbekommen.
Über die Gewerkschaften, den Börsengang oder andere mögliche Ursachen will ich hier nicht diskutieren, weil mir dafür zu wenig Informationen vorliegen. Mir geht es darum, den Fall als Denkanstoß zu benutzen. Was kann daraus gelernt werden? Und wie kann Mentaltraining dabei unterstützen? Denn Mainz kann überall sein, bei der Bahn genauso wie in Unternehmen aller Art. Die Überlegungen stützen sich auf die Annahme, dass die Krankheitsfälle mit den hohen Überstundenzahlen in Zusammenhang stehen.
Menschen sind keine Maschinen
Am Frankfurter Hauptbahnhof wurde der Nicht-Halt des ICE in Mainz mit einer Stellwerksstörung begründet. In der englischen Version wurde daraus ein Defekt der „signalbox“. Hoch qualifizierte Mitarbeiter, die auf die Schnelle weder von einem anderen Ort nach Mainz beordert noch zum Fahrdienstleiter ausgebildet werden können, werden auf eine „signalbox“ reduziert. Würde es sich tatsächlich eine Maschine handeln, könnte man das defekte Teil ja schnell austauschen und alles wäre wieder in Ordnung. Aber bei Menschen, die über längere Zeit nicht ausreichend Erholungsphasen bekommen, lässt sich nicht einfach irgendwas austauschen. Der Mensch ist ein komplexes Gebilde aus Körper, Geist und Seele, das zwar viel einstecken kann, aber irgendwann doch zusammenbricht. Bis zur Wiederherstellung der vollen Leistungsfähigkeit können dann Wochen und Monate vergehen.
Im Mentaltraining gibt es verschiedene Methoden, Ungleichgewichte in der Work-Life-Balance frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern, bevor es zum Zusammenbruch kommt. Entspannungstechniken und Trennrituale helfen kurzfristig, negative Auswirkungen der Belastung zu reduzieren. Wenn der aktuelle Arbeitsplatz mittelfristig aufgegeben werden soll, können neue berufliche Ziele erarbeitet und der Weg dorthin geplant werden.
Annahmen hinterfragen
Überlastete Mitarbeiter gibt es in vielen Unternehmen. Dass die Mitarbeiter mit den meisten Überstunden besser angesehen werden als die, die nicht viel mehr als die Regelarbeitszeit ableisten, habe ich selber schon in vielen Firmen erlebt. Aber was sagen die reinen Stunden aus? Angeblich etwas über das Pflichtbewusstsein oder Engagement. Aber wie steht es mit der tatsächlichen Leistungsfähigkeit oder solchen nicht quantifizierbaren Dingen wie Kreativität?
Hier ist Mut gefragt, scheinbar allgemeingültige Aussagen zu hinterfragen und auch mal gegen den Strom zu schwimmen. Es soll bereits Hochschulen geben, an denen neue Wege in der Mitarbeiterführung gelehrt werden. Möge diese Kunde schnell in die Welt hinausdringen! Bis dahin kann sich jeder mit Unterstützung seines Mentaltrainers über seine eigenen Stärken klar werden oder Ressourcen aktivieren, die den genannten Mut fördern. Außerdem ist es interessant, die Wirkungweise unseres Gehirns näher kennenzulernen, um zu verstehen, wie Annahmen entstehen und Handlungsweisen verändert werden können.
Zusammenhänge von Systemen erkennen
Die Fahrdienstleiter der Bahn haben keinen direkten Kundenkontakt und arbeiten im Hintergrund. Trotzdem sind sie äußerst wichtig für die Sicherheit des Bahnverkehrs und tragen eine hohe Verantwortung für die Reisenden und alle Kollegen, die in den Zügen arbeiten. Wenn auch „nur“ ein Rädchen ausfällt, wird das ganze System lahmgelegt und ein internes Problem für das ganze Land sichtbar. Und es geht noch weiter, denn an das System Bahn angeschlossen sind viele Pendler und Fernreisende, die zu spät oder gar nicht zu ihrer Arbeit kamen, andere Verkehrsmittel nutzen mussten und sicher auch alle Gewerbetreibende in Mainz, die Pendlern Zeitungen oder Kaffee verkaufen oder Gäste beherbergen, die mit der Bahn anreisen.
Die Wirkungsweise von Systemen spielt auch im Mentaltraining eine wichtige Rolle. Auf eine Person bezogen können die verschiedenen Herzen, die ach in jeder Brust schlagen, als Teil eines Systems betrachtet werden, das nur in Harmonie stark wird. Und im zwischenmenschlichen Bereich haben die ausgesendeten Botschaften durchaus Einfluß auf die Reaktionen. Mentaltraining kann für positive Stimmung sorgen, kann Verhaltensänderungen unterstützen, die auch das Umfeld verändern können, und natürlich auch einen genauen Blick auf das innere Team ermöglichen.
Und im Mentaltraining gilt natürlich auch die Aussage, dass in jedem Problem ein positiver Anstoß für Veränderungen steckt.