Sigmund Freud – zu Lebzeiten nicht nur berühmt

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Von Sigmund Freud hat sicher jeder schon mal gehört. Und viele werden ihm zumindest auch Stichwörter wie Psychoanalyse, Es oder Über-Ich zuordnen können oder schon mal von einen Freud’schen Versprecher von sich gegeben haben. Im Psychologiestudium kommt Freud natürlich auch gleich im ersten Kurs vor. Also habe ich mir mal seine Biografie, genauergesagt die von Georg Markus erstellte, besorgt.

freud-biografieMeine Erwartung, in der Biografie noch etwas mehr zur Psychoanalyse zu erfahren, wurde zwar nicht erfüllt. Stattdessen habe ich aber viel über die Person Freud und sein Leben erfahren und über einiges nicht schlecht gestaunt. Denn auch wenn Freud heute bekannt und berühmt ist, war er es zu Lebzeiten beleibe nicht immer. Und wenn man meint, dass er, der die Psyche des Menschen ergründete, damit für sich ein Leben in positiver Stimmung schaffen konnte, täuscht man sich ebenso. Freud musste lange auf Erfolge warten, da er oft mehr Feinde als Freunde hatte. Ein paar Beispiele gefällig?

  • Viele Jahre hatte der junge Freud keine bezahlte Anstellung und musste aus finanziellen Gründen 4 Jahre auf seine Hochzeit warten.
  • Für Freuds Entdeckung der betäubenden Wirkung von Kokain erntete ein anderer die Lorbeeren.
  • Die Ordination lief erst gut, als Freud Mitte 30 war.
  • Sein Buch „Traumdeutung“ verkaufte sich in den ersten 6 Jahren nur 351 Mal.
  • Normalerweise dauerte es 8 Jahre, bis jemand zum Professor berufen wurde. Freud musste mehr als doppelt so lange warten und war schon 64, als es soweit war.
  • Wertschätzung erfuhr er erst mit seinem 50. Geburtstag.

Das alles lag sicher nicht daran, dass er schlechte Arbeit geleistet hätte, sondern an der damaligen Zeit. Die medizinische Versorgung war katastrophal, Krankheiten wurden nur beschrieben, aber nicht ausgerottet. Das medizinische Hilfspersonal war schlecht ausgebildet und ebenso schlecht bezahlt. Und da kam nun Freud und sprach als Arzt mit dem Patient – und noch dazu in einer allgemein verständlichen Sprache! Die etablierte Gesellschaft betrachtete ihn als Revolutionär, einige Vertreter der katholischen Kirche sahen ihn als unerlaubten Konkurrenten zum Beichtvater.

„Erst wenn der Patient die Zusammenhänge erkennt, versteht und fühlt, woher das Übel kommt, ist eine Heilung auf Dauer möglich. Breuer konnte nur äußere Symptome – wie Angst, Husten, Lähmungen – bekämpfen, Freud gelangte mit seiner Methode an die dahinterliegende Störung, an die Wurzel des Leidens, heran.“

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…berühmt genug für Mme. Tussauds in Wien…

Freud hat somit nicht nur das Unbewusste entdeckt, sondern auch die Psychosomatik und die Ganzheitsmedizin begründet. Um seine physische und psychische Gesundheit stand es allerdings nicht so gut, denn:

  • zu seinen Krankheiten zählten Thyphus, Ischias, Pocken, Migräne und Herzbeschwerden
  • depressive Stimmungen und Todesahnungen kehrten immer wieder, so dass es fast verwundert, dass er 83 Jahre alt wurde
  • Seit seinem 24. Lebensjahr rauchte er 20 Zigarren pro Tag und starb nach 33 Operationen und vielen Schmerzen schließlich am Kieferkrebs
  • Er litt an einer Reisephobie, die er allerdings selber heilen konnte.
  • Freud war anderen Menschen gegenüber mißtrauisch und übervorsichtig, war empfindlich gegen Kritik und brach viele Kontakte ab.

Trotzdem war er bis zuletzt geistig rege und betreute mehrere Patienten pro Tag.

Und wie hat er nun die Träume erklärt? Ganz einfach: Die Gedanken und Erinnerungen sind im Unbewussten „eingesperrt“. Eine Zensur verhindert, dass sie an die Oberfläche gelangen. Nachts allerdings schlafen diese Zensoren, so dass die Gedanken ins Bewusstsein dringen. Das ist der gleiche Mechanismus, der auch bei Witzen oder den Freud’schen Versprechern stattfindet.

Das nur ein paar Gedanken angeregt durch Georg Markus‘ Buch „Sigmund Freud, die Biografie“, die mit 351 Seiten recht dick ist und auch etliche Bilder enthält. Sie ist 2006 im LangenMüller Verlag erschienen.