Unendlich stolz statt durchschnittlich glücklich mit Markus Jotzo


„Aber ich tue doch eh, was ich kann“, ruft manch‘ einer verzweifelt aus seinem Hamsterrad. Und nun kommt Markus Jotzo und fordert im Untertitel seines Buchs „Tu, was du nicht kannst“. Missverständnis? Wortspiel? Weder noch, sondern vielmehr der zentrale Gedanke, der dem Buch mit dem Titel „Die unendlich-stolz-Formel“ zugrunde liegt. Denn gerade dann, wenn man etwas tut, was man (noch) nicht (so richtig gut) kann, sich also in unbekanntes Terrain wagt, kann man wachsen, unendlich stolz auf sich sein und mehr als das Durchschnittsglück erreichen.

Markus Jotzo hat es schon geschafft, seinen Job in einem bekannten Großunternehmen, der sicher nicht allzu schlecht gewesen sein dürfte, gegen seinen beruflichen Traum einzutauschen. Nun will er auch anderen – seinen Lesern, Vortragsbesuchern und Coachingkunden –  dabei behilflich sein, ihren persönlichen Traum im beruflichen oder privaten Umfeld zu verwirklichen. Das Ansinnen ist löblich, die Aufgabe aber durchaus schwierig. Denn was wird hier gerne erwartet? Eine Schritt-für-Schritt-Bedienungsanleitung mit Erfolgsgarantie und Vollkaskoversicherung .

Die kann Jotzo natürlich nicht bieten. Das ist ihm aber nicht anzukreiden, denn die kann auch niemand anders bieten. Jeder Mensch ist nun mal anders und jeder Traum ist so individuell, dass es den einen Weg ins Glück nicht geben kann. Jeder muss selber aktiv werden, den Sprung ins kalte Wasser wagen, sich anstrengen und das Risiko tragen – kann dann aber auch die Früchte ernten – eben diesen unendlichen Stolz.

Dass der Weg steinig sein wird, gibt Jotzo im Buch immer wieder unumwunden zu. Er nennt die ungeliebten Themen auch klar beim Namen. Scheitern, Angst, Blamagen und Fehler warten an jeder Ecke auf dem Weg zum Traum. Da kann nachher keiner sagen, dass ihn Jotzo nicht gewarnt hätte. Im Gegenteil, Jotzo ermutigt sogar dazu, mit großen Schritten und einer wohlgewählten Überforderung loszulaufen und aus den Fehlern, die man dabei macht, wichtige Lektionen zu lernen.

Das beliebte „ich kann doch nicht, weil…“ lässt Jotzo nicht gelten. Wer hinter dieser Aussage Angst entdeckt, findet im Buch Fragen und Anregungen, wie er damit umgehen kann. Und dass man sich von der Meinung der Mitmenschen frei machen muss, stellt der Autor auch zweifelsfrei dar. Wer seinen Traum verwirklichen will, muss sein Umfeld prüfen und auch Beziehungen beenden. Dafür stellt Jotzo verschiedene Testfragen zur Verfügung, die banal klingen mögen. Aber gerade solche Fragen lüften den Teppich und geben den Blick auf das frei, was die Beule hervorgerufen hat. Sie erlauben eine logische Analyse, die über das bloße Gefühl hinausgeht und selbstverantwortliche Entscheidungen ermöglicht.

Natürlich polarisieren Jotzos Aussagen, Themen und Fragen. Auch die Beispiele, die er in den Text einstreut, kann man so oder so sehen. Aber wenn man mit seiner Situation unzufrieden ist, bleiben nur die drei Möglichkeiten: Change it, love it or leave it. Das ist nichts Neues, daran kann auch Jotzo nichts ändern. Also bleibt ihm nur, die Dinge in seinem Worten zu thematisieren und für Denkanstöße zu sorgen. So kann sich jeder den Spiegel vorhalten, über seine persönliche Situation nachdenken und dabei hoffentlich auch zu der Erkenntnis gelangen, dass es zwischen Schwarz und Weiß noch unendlich viele Zwischentöne gibt.

Ich kann mir durchaus vorstellen, dass mancher Leser das Buch nach den ersten Seiten enttäuscht oder gar wütend in die Ecke wirft, besonders wenn er sich zum ersten Mal mit diesem Themenbereich beschäftigt. Die Punkte, an denen sich diese Leser am meisten erzürnen, sind aber sicher gute Hinweise auf persönliche Baustellen bzw. Bereiche, in denen sich das Nachdenken über die eigene Situation am meisten lohnt.

Jotzo bringt viele Aspekte klar auf den Punkt und schreibt flüssig und leicht verständlich. Der Bogen der möglichen Ziele ist extrem weit gefasst und reicht von der Rede beim Geburtstag des Schwiegervaters über einen Marathonlauf bis zur Kündigung des Jobs zwecks Eröffnung einer Tauchschule auf Hawaii. Die Grundregeln gelten natürlich für alle Fälle gleichermaßen, aber wenn die Verwandschaft lacht ist es doch weniger schlimm als wenn die Selbständigkeit den Lebensunterhalt nicht sichern kann und sich das soziale Netz sich vielleicht doch löchriger erweist als Jotzo suggeriert.  Aber, auch das sei zugegeben, nicht jede Festanstellung ist wirklich so sicher, wie man gerne glaubt.

Manches muss man einfach mal probieren, und wenn man nie anfängt, kommt man seinem Traum nie näher. Insofern kann der Stups von Jotzo durchaus wirkungsvoll und hilfreich sein. Für die fachlichen Aspekte des Traums sollte man sich aber auf jeden Fall noch gute Fachliteratur besorgen und sicherstellen, dass man über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt und idealerweise auch eine innovative Geschäftsidee hat. Das soll aber keine Ausrede dafür sein, dass man nie anfängt, weil man ja nie perfekt ist.

Also los, auf geht’s, raus aus dem Durchschnittsglück! Probieren Sie es aus, inwieweit Sie Markus Jotzo dabei beflügeln kann.

Buchinfos:
Markus Jotzo
„DIE UNENDLICH-STOLZ-FORMEL“
Tu, was Du nicht kannst
WIley-VCH Verlag